Was
macht ein Detektiv in Wien wirklich? Fragen wir einen erfahrenen Detektiv, der
aus seinem reichen Erfahrungsschatz erzählen kann: Martin Ulm. Er hat unter
anderem Helmut Elsner observiert und dutzende Ehebrecher überführt. Er arbeitet
seit 17 Jahren als Berufsdetektiv, er ist einer von 300 in Österreich. Sein
Beruf ist mehr eine Berufung: "Es war schon mein Kindheitswunsch."
1993
heuerte Ulm in einer Detektei an, nebenbei wurde die Detektivakademie
absolviert. Heute betreibt er seinen eigenen Laden, die Detektei Martin Ulm. Mit
im Schnitt fünf Mitarbeitern: "Je nach Auftragslage." Der 40-Jährige
hat sich im Jahr 2003 selbstständig gemacht. "Im Büro ist kaum jemand. In
der Regel sitze nur ich dort und delegiere", erzählt er von seiner
täglichen Arbeit, die sich im Laufe der Jahre stark verändert habe:
"Früher waren wir zum Recherchieren öfters draußen. Heute wird 80 Prozent
im Büro erledigt."
Wie ein Detektiv recherchiert
Das
Internet, so Ulm, habe die Branche revolutioniert: "Was früher oft mühsame
Ermittlungsarbeit vor Ort war, findet man jetzt mit einem Mausclick." Ob
Hintergrundinfos oder Bilder von Personen: Gerade soziale Netzwerke wie
Facebook oder Xing seien zum Schnüffeln prädestiniert, berichtet er von seinem
persönlichen Segen der Web.2.0-Generation. Um Kontakt aufzunehmen, werden aber
keine gefakten Profile angelegt: "Es reicht oft, wenn man die Freundes- oder
Kontaktlisten der Personen sieht." Weitere Recherchemöglichkeiten seien
spezielle Datenbanken, Firmenregister etc. "Es liegt eh alles auf der
Straße", meint Ulm, "man muss es nur aufheben".
Betriebsspionage,
Versicherungsbetrug, Abhörschutz, Personensuche oder Mitarbeiterüberwachung:
das Leistungsspektrum der Detektei ist breit gestreut. Ebenso wie die Kunden,
die aus Banken, Versicherungen oder Hausverwaltungen kommen. Im privaten
Bereich spielt etwa Ehebruch - oder vermeintlicher - eine große Rolle, sagt
Ulm. "Alle Klienten haben einen Verdacht." Und der, so der
Unternehmer, sei immer auch begründet: "Ich kann mich bis jetzt an keinen
Fall erinnern, wo nichts gewesen wäre."
Wie ein Detektiv fündig wird
Erwischt
werden die Leute mittels Beobachtungen. "Wir legen uns nicht auf die
Lauer, sondern mischen uns unter die Passanten oder fahren mit dem Auto
nach." Wie oft man observieren muss, sei unterschiedlich: "Es kann
schon beim ersten Mal klappen", berichtet er, "manchmal aber erst
beim zweiten oder dritten Versuch". In Absprache mit dem Klienten werden
die Beobachtungstage so ausgewählt, dass das Ertappen auf frischer Tat
wahrscheinlicher sei.
Dokumentiert
wird das Vergehen dann via Foto oder Video. "Wenn wir Glück haben,
tauschen die Leute schon auf der Straße Zärtlichkeiten aus", sagt Ulm. Das
werde dann gefilmt. Normalerweise spielen sich Affären in irgendwelchen
Wohnungen ab. Und hier gebe es einen fixen Grundsatz: "Bei der
Wohnungstüre ist Schluss." Man verschaffe sich niemals unter einer
falschen Identität oder unter Vorspiegelung falscher Tatsachen Zutritt, betont
er.
Wie der Kontakt abläuft
Bei den
Observierungen kommt es zu keiner direkten Konfrontation mit der
"Zielperson"; wie man zu beobachtende Personen so nennt. "Vorher
würden wir abbrechen", so Ulm, der die Gefahr, dass Detektive als solche
erkannt werden, als sehr gering einschätzt: "In meiner Detektei ist das in
den letzten Jahren nicht vorgekommen." Sollte sich aber jemand wirklich
beobachtet fühlen, sind die weiteren Erfolgsaussichten ziemlich schlecht.
"Normalerweise funktioniert das dann nicht mehr."
Die
"Zielperson" bei einem Seitensprung zu erwischen sei gut, so Ulm,
idealer sei es aber, eine "Regelmäßigkeit" festzustellen. Um bei
etwaigen Scheidungsfällen bessere Karten zu haben; wenn es um die Schuldfrage
geht. Eine gemeinsame Übernachtung wiege hier schwerer als nur ein Quickie in
einer Wohnung. Solche Observierungen kosten "im Schnitt zwischen 4.000 und
6.000 Euro", erläutert er. Geschlechtsspezifische Unterschiede gibt
es nicht: "Frauen und Männer
beauftragen uns gleichermaßen."
Die Grenzen der Legalität
Dass
sich Detektive oft im gesetzlichen Graubereich bewegen, verneint Ulm: "Alles
was wir machen, ist legal." Die Reputation stehe genauso auf dem Spiel wie
die Konzession für das Unternehmen. In Österreich sind die Detekteien unter dem
Dach des Detektiv-Verbands versammelt. Illegale Aktionen wie Telefonabhörungen
oder das Anbringen von Wanzen seien tabu, beteuert er.
Was sehr
wohl zum Portfolio gehört, ist Abhörschutz: "Firmen mit innovativen
Produkten werden oft ausspioniert." Das Lokalisieren von Wanzen sei ein
sehr zeitaufwändiges Prozedere, erklärt er. Einerseits gebe es spezielle Geräte
zum Aufspüren, auf der anderen Seite müsste aber beinahe die gesamte
Büroeinrichtung - vom Computer bis zum Sessel - auf den Kopf gestellt werden.
"Alles wird zerlegt." Wanzen können nicht mehr geortet werden, wenn
die Batterie leer ist.
Der Höhepunkt seiner Karriere
In
seinen 17 Jahren als Detektiv hat Ulm schon einiges erlebt. Ein Höhepunkt
seiner Karriere war im Herbst 2006 die Beobachtung von Helmut Elsner. Im
Auftrag des "Kurier" observierte er den Ex-BAWAG-Chef acht Tage lang
in einer Villenanlage an der Côte d'Azur. Elsner, so die damalige Behauptung
seines Anwalts, musste einen Vernehmungstermin in Wien aus gesundheitlichen
Gründen platzen lassen. Ulms Fotos zeigten schließlich, dass der Banker sehr
wohl gut zu Fuß war und geschäftliche und private Termine wahrnehmen konnte.
Dokumentationen, die auch ausschlaggebend für die Verhaftung waren.
Elsner
sitzt noch immer hinter Gitter. Eine Art von Genugtuung verspürt der Detektiv
bei solchen Aufträgen nicht. Die sind quasi Teil des Jobs. Aber ein angenehmer
Teil, gibt er zu. "Wer will nicht acht Tage an der Côte d'Azur
verbringen?", wie es im Falle von Elsners Beschattung war, so Ulm, dessen
Einsatzgebiet die ganze Welt umfasst: "Bei einer schönen Destination reise
ich selbst, sonst übernehmen die Mitarbeiter", grinst er, allerdings:
"80 Prozent der Ermittlungsarbeit spielen sich im Inland ab."
Misstrauen bei Krankenstand
Dass
"Misstrauen" im Generellen in den letzten Jahren zugenommen hat,
glaubt er nicht: "Es ist konstant." Konstant ist auch die Zahl der
Mitarbeiterüberwachungen. "In besonders schweren Fällen, wo es um
Krankenstände geht", erzählt er. "Leute sagen, dass sie krank sind,
gehen aber ins Fitnessstudio oder ins Schwimmbad." Ein klassischer Fall,
wo ein Detektiv auf den Plan tritt. "Aber nur, wenn es wirklich
Auffälligkeiten sind", so Ulm, denn: "Es wäre zu teuer, jeden
Mitarbeiter zu überwachen." Neben Krankenständen geraten auch
Außendienstmitarbeiter oft ins Visier von Detektiven: "Manche fahren
nämlich nicht einmal von zuhause weg."
Es komme
immer wieder vor, dass Aufträge verweigert werden. "Fälle wie Lidl oder
Deutsche Bundesbahn würde ich persönlich nicht machen", meint er.
Tätigkeiten von Angestellten wurden hier bis ins Privatleben seziert. Für Ulm
eine Frage der Berufsethik: "Alle einfach unter Generalverdacht stellen,
geht nicht." Ein weiters Tabu sind für ihn Tests, wo die Treue von
Partnern auf dem Prüfstand steht. "Ein 'Lockvogel' wird hier engagiert, um
jemanden zu einem Seitensprung zu verführen", präzisiert Ulm. "Wenn
die Leute von selbst untreu werden, ok, aber man muss das nicht
provozieren." Es gebe ohnehin eigene Agenturen, die solche
"Treuetests" durchführen.
Persönlichkeit eines Detektivs
Bestimmte
Persönlichkeitsmerkmale, die sich wie ein roter Faden durch die Detektiv-Branche
ziehen, kann er keine erkennen; außer vielleicht "geistige Fitness und
Neugierde". Überhaupt würden sich in dem Metier sehr unterschiedliche
Charaktere tummeln: "Wir haben Kollegen, die vorher studiert haben."
Etwa Soziologen oder Medienleute. Eine gute körperliche Konstitution sei keine
Voraussetzung für den Beruf, aber ein Vorteil: "Es ist sicher ein harter
Job."
Der
Besitz eines Waffenscheins ist kein Muss, sondern mehr Usus. "In der Regel
hat jeder Detektiv eine", sagt Ulm, der seine Waffe nie bei sich trägt:
"Die liegt im Safe, außer ich mache Personenschutz." Ein Schutz, der
ihn an die Seite von "sehr vielen" Prominenten gebracht hat. Um
welche Personen es sich handelte, will er nicht sagen.
Das Ende der Karriere
Wo der
Auftrag endet, beginnt schon die Diskretion. Und die ist in der Branche wohl
das wichtigste Asset, um erfolgreich zu sein. An den Nagel hängen will er
seinen Traumberuf nicht so schnell: "Ich strebe keine Pension an und
solange ich tippen und ermitteln kann, werde ich das tun." Vorstellen kann
er sich, bis mindestens 80 zu arbeiten. "Ich werde wohl an meinem
Schreibtisch sterben."